Jugendliche, die in einem Haushalt ohne akademische Bildungserfahrung aufwachsen, haben statistisch geringe Chancen, ein Hochschulstudium zu beginnen. Über dieses Thema hat die Landtagsabgeordnete Nese Erikli mit Konstanzer Ehrenamtlichen der Organisation ArbeiterKind.de per Videokonferenz diskutiert. „Wir brauchen in diesem Bereich mehr niederschwellige Informations- und Hilfsangebote“, fordert die Grünen-Politikerin, die als Kind türkischstämmiger Gastarbeiter ähnliche Erfahrungen gemacht hat wie ihre Gesprächspartner*innen. „Obwohl meine Noten gut genug waren für die Realschule, erhielt ich eine Empfehlung für die Hauptschule“, blickt Nese Erikli zurück.
Es gibt viele Faktoren, die Kinder und Jugendliche aus bildungsfernen Familien davon abhalten, sich akademisch zu bilden. Die Größe des elterlichen Geldbeutels ist nur einer von vielen Aspekten. „Wer heute als Arbeiterkind studiert, hat in der Regel einen Erwachsenen an der Seite, der ihn oder sie motiviert und der sich dem Kind annimmt“, beschreibt Nese Erikli ein immer noch gängiges Muster. „Das kann ein Lehrer, eine Lehrerin sein, ein Elternteil oder die große Schwester.“ Als eine der Teilnehmerinnen ähnliche Alltagserfahrungen beschrieb, staunte die virtuelle Runde über frappierende Parallelen zwischen den Bildungswegen der verschiedenen Generationen. Über viele Jahre hinweg scheinen die Erfahrungen von Arbeiterkindern immer noch die gleichen zu sein.
Hier nachzubessern, Jugendliche systematisch auf ihrem Bildungsweg zu unterstützen, ihnen akademische Bildungswege aufzuzeigen und sie zu ermutigen, diesen Weg einzuschlagen, sei eminent wichtig, um die Durchlässigkeit im Bildungssystem zu verbessern, forderte Nese Erikli.
Zudem betonte sie die Bedeutung der frühkindlichen Bildung im Kindergarten sowie die Vorzüge der in Baden-Württemberg etablierten Gemeinschaftsschulen. „Sie sorgen für Chancenausgleich und mehr Bildungsgerechtigkeit. Gemeinschaftsschulen bieten Schülerinnen und Schülern unabhängig von der sozialen Herkunft optimale und kostenlose Lern- und Förderangebote“, erklärte die Abgeordnete.
Hintergrund: „ArbeiterKind.de“
Die gemeinnützige Organisation „ArbeiterKind.de“ ermutigt Schülerinnen und Schüler aus Familien ohne Hochschulerfahrung dazu, als Erste in ihrer Familie zu studieren. Bundesweit engagieren sich etwa 6.000 Ehrenamtliche in 80 lokalen ArbeiterKind.de-Gruppen, um Jugendliche über die Möglichkeit eines Studiums zu informieren und sie auf ihrem Weg vom Studieneinstieg bis zum erfolgreichen Abschluss und Berufseinstieg zu unterstützen. In Baden-Württemberg engagieren sich Ehrenamtliche in derzeit zehn ArbeiterKind.de-Gruppen.
Foto: ArbeiterKind.de