Sehr geehrter Herr Minister Strobl, lieber Thomas,
durch die Schließung der Grenze zwischen Konstanz und Kreuzlingen als Maßnahme zur Eindämmung der Corona-Pandemie sind viele Lebenspartnerschaften, Freundschaften und Familien voneinander
getrennt worden. Wie ich als Abgeordnete des betroffenen Wahlkreises aus vielen Gesprächen und Mitteilungen weiß, war und ist dies eine enorme psychische Belastung für viele Menschen. Ich habe deshalb den Bundesinnenminister am 17. April 2020 in einem Offenen Brief gebeten, die
Durchlässigkeit der Grenze schrittweise wiederherzustellen, damit die größten Härten abgewendet werden können. Auch an Sie habe ich in diesem Zusammenhang am selben Tag einen Offenen Brief
adressiert.
Nun hat das Bundesinnenministerium klargestellt, dass der grenzüberschreitende Besuch für Mitglieder der Kernfamilie uneingeschränkt möglich sei. Eltern dürfen Kinder, die von ihnen getrennt
leben, ohne Angabe von Gründen besuchen. Ein Grenzübertritt ist auch für Bürgerinnen möglich, wenn sie älteren Angehörigen beistehen möchten, auch wenn diese nicht krank sind oder keine medizinische Betreuung benötigen. Ehepartnerinnen und Lebenspartnerinnen dürfen sich uneingeschränkt besuchen.
Zuletzt haben sich nun mehrere Menschen aus Konstanz an mich gewandt und berichtet, dass sie die Grenze nicht überqueren konnten, obwohl sie laut Verordnung dazu berechtigt waren. Hier handelt es sich um Menschen, die Ihren Ehepartnerin oder Lebenspartnerin besuchen wollten.
Wie ist Ihr Kenntnisstand in dieser Frage? Warum wurden durch das Bundesinnenministerium
Lockerungen eingeführt, die Grenzüberschritte ermöglichen, und trotzdem werden diese Menschen
an einem Grenzübertritt von Deutschland in die Schweiz abgehalten?
Ich möchte Sie mit diesem Offenen Brief herzlich bitten, Ihre Befugnis als Minister des Landes Baden-Württemberg dahingehend geltend zu machen, dass Weisungen des Bundesinnenministeriums durch
die Behörden in Baden-Württemberg für die Menschen vor Ort unmissverständlich und verlässlich umgesetzt werden.
Zudem ist es wichtig und notwendig, dass auch bei einer Fortsetzung der Grenzkontrollen bis zum 15. Mai 2020 oder sogar darüber hinaus die Durchlässigkeit für Familien und Paare gewährleistet wird. Ich bitte Sie, das Thema in zukünftigen Verhandlungen mit zu berücksichtigen.
Eine eindeutige Regelung fordere ich auch für unverheiratete Paare. Die Entscheidung für oder gegen einen Grenzübertritt sollte nicht dem persönlichen Ermessen der Grenzbeamten vor Ort überlassen werden, sondern einer klaren Regelung folgen. Auch hier bitte ich Sie, Ihr Gewicht als Innenminister des betreffenden Bundeslandes zur Geltung zu bringen.
Die genannten Vorschläge stehen aus meiner Sicht nicht im Widerspruch zu den Erfordernissen des Gesundheitsschutzes, der weiterhin an höchster Stelle stehen muss.
Ich danke Ihnen herzlich im Voraus für Ihre Antwort und verbleibe mit den besten Grüßen
Nese Erikli, MdL